Heinz Buschkowsky, der Kleinfürst von Berlin Neukölln, hat mal wieder zugeschlagen. Das zweite Jahr in Folge hat er am 29. Juni allen freien Trägern von Jugendhilfe-Einrichtungen, die sich in Neukölln engagieren, „vorsorglich rechtswahrend“ kündigen lassen. Sein Kontroll- und Überwachungsprojekt Task Force Okerstraße mit neuem behördenloyalem Träger ist aber wahrscheinlich nicht betroffen. Die Mittel für das Pilotprojekt zur Kasernierung von sogenannten „Schulschwänzer_innen“ sind ebenfalls nicht gefährdet. Selbst wenn die Beteiligten, wie in einer Reportage bei Inforadio zu hören war, das Projekt kritisch betrachten. Mit dieser Aktion hat Buschkowsky erneut beweisen wolle, wer der Obermacker in Neukölln ist und das er höchstpersönlich entscheidet, wer Gelder erhält und wer nicht.
Kaum war die verantwortliche Grüne Bezirksstadträtin für Jugend Gabriele Vonnekold im Urlaub, verschickte Buschkowsky an sämtliche freien Träger der Jugendhilfe Kündigungsschreiben zum 30. September. Gleichzeitig bot er ihnen – eben doch ganz der großzügige Gutsherr – wie Tagesspiegel und Neues Deutschland berichten, Verhandlungen zu neuen Verträge an. Das Vertrauen zwischen den Sozialarbeiter_innen und dem Bezirksamt dürfte allerdings mächtig beschädigt sein. Schließlich setzt Kleinfürst Buschkowsky die betroffenen Träger existenziell unter Druck und zwingt sie sich mehr mit Bürokratie und Verwaltungsaufgaben zu beschäftigen, statt sich um die Jugendlichen zu kümmern.
Aber die Interessen der Jugendlichen interessieren das Mitglied des rechten Berliner SPD-Kreises Aufbruch Berlin nicht die Bohne. Die Unterstützung und Teilhabe von Migrant_innen erst recht nicht. Das diese Aktion, die Buschkowsky offensichtlich ohne Absprache mit den verantwortlichen Institutionen und den politischen Akteuren in Zusammenarbeit mit loyalen Bezirksamtmitarbeiter_innen eigenmächtig organisiert und durchgeführt hat, zu Arbeits- und Mietvertragskündigungen führen mußte, kratzt den Kleinfürsten im Neuköllner Rathaus ebenso wenig. Schließlich steigt so sein Drohungs- und Reglementierungspotenzial. Denn stumme, unterwürfige und sich in Buschkowskys Überwachungssystem eingliederbare Träger brauchen sich nicht zu fürchten. Das Projekt kann noch so absurd und absolut ineffektiv sein, solange irgendeine „soziale Kontrolle“, die Gängelung von Jugendlichen oder die Überwachung von Gruppen darin vorkommt, sind die Gelder gesichert.
Aus diesem Grund wird das gescheiterte Neuköllner Modellprojekt „Schulschwänzerinternat“ unter dem harmlosen Titel Internat „Leben ud Lernen“ am Buckower Damm trotz offensichtlicher und nachgewiesener Erfolglosigkeit weiter fortgesetzt. Selbst die beteiligten Sozialarbeiter_innen erkennen, daß die „inhaftierten“ Jugendlichen andere Hilfe brauchen. Trotzdem hält der Bezirk an dem Projekt fest. Kritik ist aber mehr als angebracht. So sagt selbst der Initiator und der für das Projekt zuständige Referent Michael Piekara in einem Inforadio Beitrag.
Weil es auch schon etwas gedauert hat, da man bei der Auswahl derer, die in dieses Projekt kommen sollten, anfangs auch Jugendliche hatte, bei denen sich sehr schnell herausstellte, dass sie fehlplaziert waren, eigentlich eine andere Hilfe gebraucht haben als diese hier in diesem Projekt. Aber seit dem letzten Schuljahr ist die Gruppe sehr konstant und so wir können auch erste Erfolge erzielen.
Die pädagogische Projektleiterin Marion Seidel ist da anderer Meinung. Sie hinterfragt da repressive Konzept grundsätzlich und gibt zu bedenken.
Nun wohnen diese Jugendlichen allerdings noch alle bei uns. Die Frage ist: Sie schaffen es im Moment, mit dem Halt der Wohngruppe jeden Morgen zur Schule zu gehen. Ob sie das auch schaffen werden, wenn sie doch wieder zu Hause leben – das ist eben der große Schritt, der noch fraglich ist.
Im Freitag Interview wird aber auch Piekara deutlicher und zeigt die Grenzen des Projektes auf.
Diejenigen, die schon die Schule schwänzen, können Sie so nicht mehr erreichen. Es scheint mir eher ein Modell zur Prävention. Geld allein reicht nicht aus. Unsere Jugendlichen haben in der Regel ein Beziehungsproblem. Das klappt nur ein kleinen Gruppen. Nicht in großen Klassen.
Trotzdem will der Bezirk das Modellprojekt zur Kasernierung weiter betreiben. Eine Kündigung, schon gar nicht eine kurzfristige, ist nicht vorgesehen. Dran glauben muß die „echte“ Sozialarbeit. Damit Kleinfürst Buschkowsky mal wieder auf die Kontrollpauke hauen kann.