Der Oberste Gerichtshof der Russischen Föderation hat in den letzten Tagen das Verbot der militanten Naziorganisation „Slavianskij Sojuz“ (SS) bestätigt. Die selbsternannte „national-sozialistischen Bewegung“ wurde am 27. April 2010 vom Moskauer Städtischen Gericht verboten und als „extremistisch“ eingestuft. Demushkin, der „Führer“ der Nazis, kündigte Widerspruch an und scheiterte vor dem OGH Russlands. Er will nun vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ziehen. Damit reiht er sich in seiner großen Fresse und ausgestellten Gewalt in eine lange Reihe russisch-nationalistischer Paramiliärs und Nazis ein.
Die Strukturen der Organisation „Slavianskij Sojuz“ (Slawischer Bundes, SS) existieren seit 1999. Die Organisation ging aus dem Moskauer Ortsverband der beinah schon legendären, nationalistischen, paramilitärischen Organisation „Russkoje Nazional’noje Edinstvo“ (Russische Nationale Einheit, RNE) und der internen Abteilung unter der Bezeichnung „Slavianskij Sojuz“ hervor. Seit der Spaltung und Auflösung der RNE beteiligten sich Aktivist_innen des Slawischen Bundes an nationalsozialistischen und offen nazistischen Bündnissen und Organisierungsversuchen.
Protagonist und Führer der Nazigruppe ist und war Dmitrij Demushkin. Er steht im Zentrum der Kommunikation, jedes Bündnisses mit anderen Nationalist_innen-Organisationen. Er hält regen Kontakt zur militanten freien Naziszene, Fußball-Hooligans und anderen nationalistischen Aktivist_innen. Er ist es auch, der durch eine rege Medienarbeit hartnäckig daran arbeitet sich und seine nationalsozialistischen Jünger als relevante Größe zu inszenieren.
Die Organisation „Slavianskij Sojuz“ war seit dem ersten „Russischen Marsch“, der 2005 als „Rechter Marsch“ stattfand, maßgeblich im Bündnis zum Marsch beteiligt. Schon beim ersten Mal fiel Demushkin und seine ca. 2-3 Dutzend Nazis durch das Zeigen des sogenannten Römischen Grußes (respektive Hitler-Gruß) und „Sieg Heil“-Rufe auf. Für den Slawischen Bund sind positive Bezüge auf Hitler und das III. Reich nicht ungewöhnlich, die russischen Nationalist_innen reagierten aber kritisch bis wohlwollend. In den Folgejahren war der „Römische Gruß“ durchgehend Konsens und wurde gerne sowie oft gezeigt.
Die Ideologie des „Slavianskij Sojuz“ speist sich aus offenem Rassismus, Verherrlichung des Nationalsozialismus und völkischer Abgrenzung. Sozialdarwinistische Überlebensdiskurse sind hierbei eng mit homophoben Exklusionen verzahnt. Die Macht und Gewalt sind die Mittel des Slawischen Bundes. Aktivist_innen des Slawischen Bundes werden Kontakte zu russischen Naziterrorist_innen nachgesagt. Außerdem sollen sie sich an Übergriffen auf Migrant_innen und vermeintlich nicht-slawische Menschen beteiligt haben. Im Jahr 2007 waren Aktivist_innen des „Slavianskij Sojuz“ außerdem maßgeblich am Angriff auf die Gaypride-Parade beteiligt.
Der Slawische Bund nannte sich nach dem Verbot im April 2010 in „Slavianskaja Sila“ (Slawische Kraft) um. Die Abkürzung „SS“ konnte so bestehen bleiben. Außerdem wurde Demushkin als Vorsitzender pro forma durch Dmitrij Bacharev abgelöst. Die Kontinuität in der Ideologie, der Symbolik und den Aktivitäten blieb bestehen. So beendete Bacharev, nach Angabe von SOVA, seine Rede beim „Russischen Marsch“ in Moskau mit dem Römischen Gruß.
Wo der Slawische Bund ist, sind die Xenophobiker_innen und Nationalist_innen der „Dvizhenije protiv nelegal’noi Immigrazii“ (Bewegung gegen illegale Migration, DPNI) nicht sehr weit. Spätestens seit 2005 und im Rahmen der „Russischen Märsche“ sind ihre Strukturen eng miteinander verwoben. Beide Gruppen beteilig(t)en sich an fremdenfeindliche Pogromen, wie zum Beispiel im Dezember in verschiedenen russischen Großstädten.
Die Gefahr des „Slavianskij Sojuz“ besteht vor allem darin, daß in der Organisation Kontakte zwischen parlamentatischen Nationalist_innen, freien Nazis, militanten Aktivist_innen, Naziterrorzellen und zum Teil auch zu Sicherheitsorganen hergestellt werden. Inwieweit das Scharnier jenseits der medialen Inszenierung Relevanz besitzt, ist unklar. Es ist allerdings davon auszugehen, daß das Vernetzungpotenzial, welches die Strukturen des Slawischen Bundes bieten, recht hoch ist. Bei allen spektakulären Naziaktivitäten und -enthüllungen war der „Slavianskij Sojuz“ entweder involviert oder Gegenstand der Veröffentlichungen. Ob es Kontakte zur deutschen Naziszene gibt, ist unklar wohl aber nicht abwegig.
Das Verbot des „Slavianskij Sojuz“ wird wenig an der grundsätzlichen nationalistischen und gewalttätigen Atmosphäre in Russland ändern. Nazis prügeln, überfallen und töten weiter. Der Slawische Bund bietet hierzu Organisationsstrukturen, wie Wehrlager, Sportklubs, Kontakte usw, die für militante Nazis wichtig sind. Ernsthafte Konsequenzen muß die Naziorganisation wahrscheinlich nicht befürchten. Die Rhetorik hat sich schon verändert, sie ist sehr viel aggressiver und militanter. Das dem Taten folgen, ist zu befürchten.