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An die Redaktion der TIP-Taliban und ihre Symphathisant_innen!

Das Kulturmagazin tip, das im Berliner Verlag erscheint, hat in seiner Ausgabe 18 diesen Jahres einen Artikel (1, 2) zur Situation im Schillerkiez veröffentlicht, der zu heftigen Reaktionen führte. Unter anderem hat sich der als Hort von Diskriminierung und Gewalt diffamierte Stadtteil- und Infoladen Lunte geäußert. Die Trend Onlinezeitung hat ebenfalls reagiert. Wir schrieben eine eigene Erklärung. Doch statt die Mär‘ von Angst und Schrecken im Schillerkiez zu verfestigen, gab es ein Treffen der zitierten Künstler_innen und Aktivist_innen, auf dem ein Offener Brief an die Tip-Redaktion entstand.

Der Artikel von Katharina Wagner erschien in der Tip-Ausgabe vom 4. August unter dem reißerischen Titel „Ihr werdet schon sehen“ (siehe S. 12, 13). Online wurde er wenige Tage später unvollständig unter dem Titel „Mobilmachung im Neuköllner Schillerkiez“ veröffentlicht und mit dieser Akzentverschiebung zusätzlich zu den Diffamierungen mit einer militärischen Rhetorik verstärkt. Der Publikationszeitpunkt ist womöglich nicht zufällig gewählt. Schließlich fand am 6. August, also nur wenige Tage nach der Publizierung im Magazin und einige Tage vor der Online-Veröffentlichung, das erfolgreiche Weisestraßenfest statt.

In dem Artikel beschreibt die Autorin den Schillerkiez als ein Quartier im Ausnahmezustand. So sollen zum Beispiel Aktivist_innen patrouillieren und Ausweise kontrollieren. Des Weiteren, so behauptet die Autorin, werden nicht-deutsch sprechende Zugezogene, Tourist_innen und Künstler_innen offen angegriffen. Insbesondere die Kreativen und Gastronom_innen würden in Angst leben, behauptet Wagner im Artikel. Das dem nicht so ist und die im Artikel Zitierten derartiges nicht gesagt hatten, will der folgende Offene Brief bekräftigen.

An die Redaktion der TIP-Taliban und ihre Symphathisant_innen!

In ihrem Artikel «Ihr werdet schon sehen» hat Katharina Wagner ein Bild des Schillerkiezes gezeichnet, das gar nicht existiert. Wir sind empört! Wir sind entweder falsch zitiert oder gar nicht interviewt worden. Wir distanzieren uns ausdrücklich von der Tendenz des Artikels, der eine Konfrontation zwischen Künstler_innen, Kulturprojekten und Aktivist_innen konstruiert.

Wer ernsthaft glaubt, in Neukölln findet ein Bürgerkrieg statt, war noch nie in unserem Viertel. Es ist schlichtweg absurd, daß es Passkontrollen irgendeiner Kieztaliban gibt. Sie wurde hier noch nie gesichtet. Außerdem darf in Neukölln jede_r jede Sprache sprechen, die er_sie will.

Was im Artikel dagegen nicht vorkam ist, daß Menschen den Schillerkiez verlassen müssen. Die Mieten steigen massiv. Insbesondere Migrant_innen, die andere Sprachen sprechen, werden verdrängt. Künstler_innen, die jenseits des subventionierten Mainstreams arbeiten, kämpfen genauso wie die anderen Bewohner_innen des Schillerkiez darum, bleiben zu können. Wer also darüber schreiben möchte, was die Menschen im Kiez bewegt, sollte auch direkt mit den Menschen sprechen.

Wir fühlen uns in Neukölln wohl. Wir leben hier und wollen bleiben! Wir kennen und mögen unsere Nachbar_innen! Wir brauchen keine anderen.

Der Kanal
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Memis Varalkan, Cafe Selig
Stadtteilinitiative Schillerkiez
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Analyse Kritik Aktion

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  1. […] In der Ausgabe Nr. 18 / 2011 hat das Kulturmagazin TIP einen Artikel von Katharina Wagner über den Neuköllner Schillerkiez veröffentlicht. Unter dem Titel „Ihr werdet schon sehen“ (Online erschienen als „Mobilmachung im Neuköllner Schillerkiez“ ) beschreibt die Autorin die vermeintliche Situation im Schillerkiez und behauptet, daß Künstler_innen, Zugezogene und Gewerbetreibende von den engagierten Aktivist_innen und Stadtteil-Initiativen bedroht werden. Hierbei wurden mehrere Künstler_innen und Gewerbetreibende als vermeintliche Opfer zitiert. Aus diesem Grund haben Künstler_innen, Aktivist_innen und Gewerbetreibende einen Offenen Brief verfaßt, der hier abgedruckt wird. Weitere Reaktionen auf den tip-Artikel sind auf der Homepage des Info- und Stadtteilladen Lunte nachzulesen und auch bei „Analyse Kritik Aktion“ An die Redaktion der TIP-Taliban und ihre Symphathisant_innen! […]