In Neukölln ist es das Bezirksamt höchstpersönlich, was auch immer Heinz Buschkowsky behauptet, daß sich mit tatkräftiger Unterstützung des Migrationsbeauftragten und Antiziganisten Arnold Mengelkoch sowie der Polizei um die Vertreibung von Rroma kümmert. In der Genthiner Straße in Schöneberg bedarf es hierzu schon einer Bürgerinitiative, die dafür sorgt das die Rroma-Familien aus dem Haus geschmissen werden und nun im Kreuzberger Görlitzer Park wohnen müssen. In Nordrhein-Westfalen dagegen geht es handfester zu. In der Dortmunder Nordstadt gibt es seit einiger Zeit offenbar eine politische und mediale Kampagne gegen Rroma, die in der aktuellen Lotta aufgearbeitet wird. In Leverkusen dagegen verübten Nazis am Montag einen Brandanschlag auf ein von Rroma bewohntes Haus. Glücklicherweise passierte den Bewohner_innen nichts. Damit ist das antiziganistische Repertoire für das zur Zeit zu Recht Ungarn kritisiert wird auch in Deutschland vollständig vorhanden. Es gibt staatliche Repression und Entrechtung durch die Behörden. (Wut-) Bürger_innen formieren sich in xenophoben Ordnungsinitiativen. Der militante Mob versucht zu töten. Es fehlt lediglich das Pogrom.
In dem Haus lebten nach Angaben von RP Online fünf Sinti und Rroma Familien. In die Wohnung im Erdgeschoß wurden Brandsätze geworfen. Das Neue Deutschland berichtet, daß die dort wohnenden neun Menschen unverletzt blieben. Die Wohnung brannte allerdings völlig aus. Ein Übergreifen der Flammen auf andere Gebäudeteile konnte durch die Feuerwehr verhindert werden. Nach Angaben des Kölner Stadt-Anzeigers retteten sich alle 40-50 Bewohner_innen, unter ihnen viele Kinder.
Die Sicherheitsbehörden ermitteln nun wegen Mordversuches in alle Richtungen. Die Zeug_innen erzählen, daß es zwei bis vier Täter_innen, die mit Autos mit Neusser Kennzeichen vorfuhren, gewesen sein sollen. Zwei von ihnen sollen glatzköpfig gewesen sein. Eine Person filmte offenbar den Anschlag.
In ersten Reaktionen wird der Anschlag in Zusammenhang mit wachsenden antiziganistischen Anfeindungen in Nordrhein-Westfalen gesetzt. Zunächst hetzte die nationalistisch-populistische „Pro“-Bewegung gegen Sinti und Rroma. Die Haßpropaganda und Gewaltdrohungen militanter Nazis soll sich nach Angaben von Romani Rose vom Zentralrat deutscher Sinti und Roma gegenüber dem ND vor allem im Internet verstärkt haben. Ebenfalls erschreckend ist, daß antiziganistische Klischees und Feindlichkeit gegenüber Rroma salonfähig und vor allem im bürgerlichen Millieu weit verbreitet sind.
In Berlin geht es bei der Vertreibung von Rroma etwas gesitteter zu. In Neukölln übernimmt diese Aufgabe, wie schon öfter erwähnt, der Antiziganist Arnold Mengelkoch, dem auch ab und zu Heinz Buschkowsky zumindest medial beispringt. In den anderen Bezirken kümmern sich die antiziganistischen Bürger_innen selbst um die Vertreibung.
Wie bei rbb aktuell am vergangenen Freitag berichtet wurde, sorgten „gutbürgerliche“ Anwohner_innen dafür, daß die seit ca. 1 ½ Jahren in der Genthiner Straße 4 lebenden Rroma das Haus verlassen mußten. Der antiziganistische Bürger_innenmob schloß sich offenbar zur Bürgerinitiative zusammen und setzte den Vermieter Humanitas Kinderhilfe Berlin-Brandenburg e.V. derartig unter Druck, daß den Rroma die Wohnungen gekündigt wurden. Sie blieben allerdings in der Nähe, damit ihre Kinder weiter in die Schule gehen konnten. Wahrhaftig, was für schlimme Eltern müssen das sein (wie Kerstin Schmiedeknecht in ihrem Strategie-Papier zur „Taskforce Okerstraße“ schrieb), die lieber auf der Straße leben, als ihren Kindern die Bildung zu versagen.
Die Vorwürfe gegenüber den Rroma sind immer die gleichen – sie sollen unordentlich sein, zu laut, zu viele und überhaupt passen sie nicht in einen „gutbürgerlichen“ („weißen“) Kiez. Außerdem sollen sie absolut unfähig sein, sich an die bürgerliche Werte anzupassen. Hinzu kommt, daß sie „wöchentlich“ und „busseweise“ Familienmitglieder_innen nachgeholt haben sollen. Das Sicherheitsgefühl war beeinträchtigt, so sagen die Bürger_innen. In einem Gespräch mit dem rbb klingt der Wunsch auf Zusammenleben und die Kompromißbereitschaft der Rroma aber ganz anders.
Wir, zumindest meine Familie, wir haben versucht den Nachbarn soweit wie möglich entgegen zu kommen. Wir kaufen Müllsäcke, wie es die deutschen tun. Wir versuchen den Müll zu trennen. Wir kehren den ganzen Innenhof.
Die Bürger_innen behaupten dennoch, daß die Rroma absolut nicht ansprechbar und unerträglich gewesen sein sollen. Aber hinter diesem denunziatorischen Vorgehen, dem medialen Vorstoß schon vor Wochen in Sat1 (Akte 20.11) und dem geballten bewegten Wutbürger_innen-Aktionismus steckt selbstverständlich lediglich ein nachvollziehbares Ruhebedürfnis (wie bei den Montagsprotesten gegen den „Fluglärm“ von Neu-Brandenburger_innen) und auf keinen Fall Antiziganismus.
Genauso widerlich wie der antiziganistische Bürger_innenmob scheint aber der Verein Humanitas zu sein. Dahinter steckt der Immobilien-“Experte“ Lutz Thinius aus Teltow. Wie der Stern im Juni berichtete, versucht der (Neu-) Brandenburger Unternehmer nun mit einer vermeintlichen kinderfreundlichen Mission Geld zu verdienen. Nachdem er in den vergangenen Jahren immer wieder gescheitert war und mit mehreren Firmen Pleite gegangen ist, vermietet er unter dem Namen Humanitas Kinderhilfe Berlin-Brandenburg e. V. Seit etwas 1 ½ Jahren heruntergekommene Wohnungen an Rroma Familien, die so eigentlich nicht vermietbar wären.
Die im Artikel beschriebene Wohnung in der Genthiner Straße 4 gehört offensichtlich zum Haus, aus dem die Rroma Familien durch die Bürgerinitiative vertrieben wurden. Die ISB Immoservice GmbH aus dem Dunstkreis von Thinius vermietet die schimmelbefallenen und unbewohnbaren Wohnungen laut Angaben des Stern für 410 EUR an Humanitas. Der von Thinius gegründete und geführte Kinderhilfsverein vermietet diese ganz menschenfreundlich kassiert als Miete allerdings 600 EUR pro Wohnung. Der steuerfreie Gewinn sind ca. satte 33 %. Somit profitiert der insolvente Thinius und die Immobilienfirma, die endlich mit unvermietbaren Wohnungen Geld machen kann.
Noch viel ekelhafter ist aber, daß Thinius sich nach Angaben des Stern privat antiziganistisch äußert. So sollen sich die Rroma Familien in den heruntergekommen Wohnungen „eher wie Tiere“ benehmen. Außerdem soll er sich beschwert haben, daß die Behörden ihn so wenig bei der „Rumänen-Entsorgung“ unterstützen würden. Vielleicht hat er sich bisher einfach an die falschen gewendet. Mengelkoch und Buschkowsky brauchen immer wieder Hilfe bei der Vertreibung von Migrant_innen aus Neukölln…
Das Buschkowsky sich jetzt als in seiner wöchentlichen Kolumne in der Bild als neuer Rroma Freund geriert, ist mehr als lächerlich. Sah er im September vergangenen Jahres noch „erste Brückenköpfe von Roma-Familien“ in Neukölln, die schnellstmöglich vernetzt und umfaßend bekämpft werden mußten und eine unkontrolliert wachsende Zahl von Rroma, soll das heute plötzlich keine Problem mehr sein. Buschkowsky forciert immer noch, wie er mit der Kündigung von Integra e. V. und der Etablierung eines windigen Kartells in der Okerstraße bewiesen hat, die repressive Begehung von Sinti und Rromahäusern und bedauert, daß diese ihm durch den Berliner Datenschutzbeauftragten untersagt wurden. So äußerte er sich zumindest gegenüber Peter Voß in der vergangenen Woche bei 3sat.
Des Weiteren sei daran erinnert, daß Arnold Mengelkoch – der Migrationsbeauftragte von Buschkowskys Gnaden und Epigone von Kirsten Heisig – gegenüber dem Tagesspiegel frohlockte, daß „wo wir aufgetaucht sind, […] die illegalen Untermieter verschwunden“ sind. „Wir“ sind übrigens Mitarbeiter_innen und Beamt_innen vom Jugendamt, der Bauaufsicht und der Polizei, eben das vernetzte Verdrängungskommando, dessen Zusammenarbeit der Berliner Datenschutzbeauftragten monierte.
Und so schließt sich der Kreis in des antiziganistischen Repertoires. Sinti und Rroma werden bewußt durch Behörden, Unternehmer_innen und Militante angegriffen und in ihrer Existenz bedroht. Sie werden entrechtet, vertrieben und ausgenutzt. Der bürgerliche Mob arbeitet hierbei vorzüglich zusammen. Scheiß Deutschland!
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Rumänen und Bulgaren werden auch als billige Arbeitskräfte für die boomende Schattenwirtschaft missbraucht. Besonders die Berliner Müllmafia lässt sie zu Hungerlöhnen schuften. Die Senatsverwaltung sieht tatenlos dabei zu und kassiert Schmiergelder ohne Ende.
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[…] Analyse Kritik Aktion Stand: 26.07.2011 […]