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Simmersdorf – Ein Ort, wo Nazis sich wohlfühlen können

Am vergangenen Sonntag stellte Brandenburg Aktuell in seiner Rubrik Landschleicher ein ganz besonders idyllisches Dorf im Landkreis Spree-Neiße vor. Die circa 300 Einwohner_innen feiern gern, freut sich die amtierende Bürgermeisterin Doris Tamm, und veranstalten deshalb einen Weihnachtsmarkt. Um tatkräftige Hilfe braucht sich kein Mensch Sorgen machen. Es gibt die Freiwillige Feuerwehr, den Dorfclub für die Alten und den Jugendklub für die junggebliebenen Nazis. Deshalb mag kein Mensch in Simmersdorf Ausländer. Es gibt zwar keine, aber national denken viele trotzdem. Im Landkreis Döbern, zu dem Simmersdorf gehört, wurde zweistellig nationaldemokratisch gewählt.

Nazis gibt es selbstverständlich nicht in Simmersdorf. Die Bewohner_innen sind einfach nur tolerant und wählen gern Protest. Mit den „etablierten Volksparteien“ wollen sie nix zu tun haben. Früher war’s die SED heute sind es die SPD, CDU, FDP, die Linke und so weiter. Deshalb sitzt auch kein_e „Systempartei“-Bürokrat_in im Gemeinderat – nur Aktive Sport sowie Heimat- und Naturfreunde.

Rico Tobschall sitzt auch in der Volksvertretung des circa 300-Seelen-Dorfes. Der glattrasierte junge Mann, der gerne Thor Steinar Klamotten trägt und auf nordische Mythologie steht, führt außerdem den Jugendklub des Ortes. Von den 30 jungen Menschen kommen zwar nur noch wenig, aber diejenigen, die kommen, sind äußerst aktiv.

KristinKrüger ist aber trotzdem gar nicht aufgefallen, daß Nazis und ihr Gedankengut in Simmersdorf unkritisch wachsen und gedeihen darf. Die Freiwillige Feuerwehr lebt von ihren Nazis. Der Jugendclub sowieso. Schließlich trägt sein Chef unhinterfragt Naziklamotten spazieren. Cottbus, Spremberg und die anderen Zentren des Nationalen Widerstands sind ebenfalls nicht weit weg. Aber all das interessiert Krüger offenbar nicht. Dann lieber schon die netten Dorfbewohner_innen zeigen.

Eine „rechte Szene“ gibt es in Simmersdorf selbstverständlich nicht. Die Blood & Honour Band Frontalkraft aus Cottbus probt(e) nur seit Jahren in einer ehemaligen LPG Baracke am Dorfrand. Die ominösen „White Aryans Brandenburg“ scheinen ebenfalls eine besondere Beziehung zum Landkreis Spree-Neiße zu haben. Im Oktober 2009 fanden gleich zwei Veranstaltungen von Nazis statt. Aber mit den Jugendlichen im Dorf hat das nix zu tun. Meint zumindest die ehrenamtliche Bürgermeisterin Doris Tamm.

Es gibt keine rechtsextremen Tendenzen im Ort. Es ist eine rechte Gruppierung privat untergekommen. Für meine Leute im Jugendklub im Gemeindezentrum lege ich dagegen meine Hand ins Feuer. Das sind vernünftige Leute, die etwas im Kopf haben.

Na wenn sich Frau Tamm bei ihrem Bürgen für die Simmersdorfer Jugendlichen nicht mächtig verbrennt. Aber die Nazis in ihrem Dorf sind ohnehin nicht ihr größtes Problem. Das Image der Stadt als Narrenmetropole und ausgelassenes Feierdorf interessiert sie mehr.

Der Ort darf durch so etwas nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. So etwas kann man auch nicht beweisen. Ich kenne doch auch die ganze Symbolik nicht.

Ihr Unwissen und ihre Ignoranz gegenüber dem Problem hätte durch Kristin Krüger und den rbb beseitigt werden können und müssen. Dann hätte die Bürgermeisterin schnell festgestellt, daß Rico Tobschall, ihr Chef des so hochgelobten Jugendklubs, eine maßgebliche Rolle in den Nazistrukturen im Ort spielt.

Außerdem müßte Tamm spätestens nach dem Wirbel um ein von Polizeikräften aufgelöstes Nazikonzert im Ort und dem Besuch der Chefin des Brandenburger Verfassungsschutzes im vergangenen Herbst zu Symbolen und Klamotten umfaßend informiert sein. Da Tobschall aber immer noch im Jugendklub ist, fröhlich Thor Steinar Klamotten und andere einschlägige Nazimode trägt, scheint Tamm ihr Obernazi egal zu sein.

Die Baracke am Dorfrand, in der Nazis immer wieder auch schon vor dem aufgelösten Nazikonzert und danach gefeiert haben, wurde im Frühjahr diesen Jahres Ziel einer Brandstiftung. Die Polizei sprach in diesem Zusammenhang von einem „Jugendtreff der rechten Szene“.

Also, der Ort Simmersdorf ist offensichtlich doch nicht so idyllisch und harmlos. Kristin Krüger hätte dies wissen müssen und hat es selbst gesehen. Nur ein wenig Recherche in den eigenen Archiven und in der Lausitzer Rundschau hätte dazu geführt den Ort etwas differenzierter und kritischer zu betrachten. Diese Ignoranz gegenüber den Strukturen stärkt die Freie Nationalist_innen Szene.

Übergriffe übrigens wird es in Simmersdorf selten geben. Schließlich gibt es keine alternative Gegenkultur oder Migrant_innen im Ort. Militant aktiv sind die Nazis der Region deshalb vor allem in Cottbus. Um darauf aufmerksam zu machen fand am Samstag in Cottbus eine Antifa Demo gegen Nazigewalt statt. Krüger ignoriert dies. Hintergrund waren zunehmend gewalttätigere Übergriffe im Spree-Neiße Landkreis.

Der Beitrag von Kristin Krüger zeigt eindrucksvoll, wozu Verschweigen und Ignoranz führt. Nazis dürfen sich ungeniert äußern. Das Dorf und sein Zusammenhalt wird beispielgebend. Die „Glatzen“, Bomberjacken und die anderen Oldschool-Nazi-Assecoires fallen gar nicht auf. Krüger hat so einen verharmlosenden und steuerfinanzierten PR-Beitrag für ein Dorf abgeliefert, in dem Nazis unbehelligt, etabliert und vom Dorf geschützt schalten und walten können.

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Der rbb hat das Video und den Text des „Landschleichers“ von seiner Seite entfernt. Hier der Google-Cache. Wenn jemensch weiß, wie der Beitrag gerettet werden kann, dann bitte ergänzen und / oder verlinken.