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Taskforce Okerstraße spitzelt weiter! Unter anderem Namen!

Es sollte nur ein Konzept sein. Die Vernetzung von Stadtteilarbeit, Jugend- und Bauamt sowie der Sicherheitsbehörden unter dem ausgewiesenen Motto der „sozialen Kontrolle“ war nur eine Idee. Probleme mit RRoma, (osteuropäischen) Saisonarbeiter_innen, „Trinker_innen“ und gewalttätigen Jugendlichen sollten gelöst werden – ganz ohne Verdrängung oder Stigmatisierung. Alles sollte ganz leise und still passieren. Die RRoma gingen. Die Saisonarbeiter_innen waren nach der Saison ebenfalls verschwunden. Die „Trinker_innen“ mußten vertrieben werden. Tische und Bänke wurden auf Geheiß von Kerstin Schmiedeknecht, der Fürstin der Neuköllner Schillerpromenade, wohnhaft in Teltow und beschäftigt bei der Brandenburgische Stadterneuerungsgesellschaft mbH (BSG) mit Sitz in Potsdam, unter Protest der Anwohner_innen demontiert. Die (gewalttätigen) Jugendlichen wurden beim Integra e.V. gesammelt und sollten überwacht werden. Selbstbewußtsein haben sie in jedem Fall gelernt. Das richtet sich nun aber gegen das Vorortbüro der Sanierungs- und Verdrängungsgesellschaft BSG, auch bekannt als Quartiersmanagment (QM), im Besonderen und Kerstin Schmiedeknecht im Allgemeinen. Die Sozialarbeiter_innen vom Integra e.V., die Stadtteilmütter, die Anwohner_innen und der mit Widerständen im Mai letzten Jahres gewählte Quartiersbeirat wehren sich gegen Bevormundung und Spitzelei. Das Modell Taskforce ist gescheitert, wie die Nachrichten aus Neukölln schreiben.

In der Vernetzung mit sozialen Akteur_innen und engagierten Anwohner_innen ist es wohl wahr – die Taskforce Okerstraße (TFO) ist gescheitert. Bezüglich der Vernetzung repressiver Behörden und der Polizei, sowie die forcierte Vertreibung ziganistischer Familien, anderer Migrant_innen und sozial marginalisierter Menschen ist die Arbeit der TFO äußerst erfolgreich.

Die Okerstraße ist ruhiger und „sauberer“ geworden, behauptete das QM und Schmiedeknecht gegenüber dem Tagespiegel im Oktober letzten Jahres. Die sozialen Probleme allerdings blieben. Die Mieten sind sprunghaft gestiegen. Von ehemals ca. 4 EUR verdoppelte sich der Quadratmeterpreis bei Neuvermietungen zum Teil auf über 9 EUR. Hinter der Verdrängung der RRoma, „Trinker_innen“ und Saisonarbeiter_innen steckt, so schreibt der Tagesspiegel richtig, „ein Netzwerk aus Vertretern von Jugend-, Gesundheits-, Ordnungs-, Schulamt, Bauaufsicht und Polizei“.

Das QM und das Engagement der BSG stand, wie Schmiedeknecht in ihrem Konzept schrieb, seit 2008 vor dem „Scheideweg“. Nach 10-jähriger Arbeit, weitestgehend unter Ausschluß der Anwohner_innen, ohne jede Partizipationsmöglichkeit gegen jegliche Versuche der Selbstorganisation und einer grundsätzlich gesellschaftlich „defizitären“ sowie sozialchauvinistischen Grundhaltung gegenüber dem Kiez und seinen Bewohner_innen wollte Schmiedeknecht für die Sanierungs- und Verdrängungsfirma BSG endlich (Gentrifizierungs-) Erfolge vorweisen können. Hierfür verabschiedete sie sich vom „integrativen Ansatz“, den sie ohnehin nie umgesetzt hatte, und ersetzte ihn durch den Ansatz der „sozialen Kontrolle“ mittels vernetzter sozialer Überwachung, Repression gegen als renitente „Verweiger_innen“ stigmatisierte und pressegeprüfter Intransparenz.

Im September 2009 schrieb ich zum Taskforce Okerstraße Papier folgendes:

Es muß viel mehr davon ausgegangen werden, daß die verantwortlichen Akteure im Quartiersmanagment keinerlei persönliche Beziehung zum Kiez haben. Ihre Motivation ist lediglich ein professionelle. Sie sind Vertreter_innen einer Baufirma, die in der Schillerpromenade offenbar eigene Interessen verfolgt. Die Aufwertung, die im Kiez voran getrieben werden soll, hat somit nichts mit der Verbesserung der Situation für die Anwohner_innen zu tun. Viel mehr geht es darum eine profitorientierte Verdrängung der migrantischen, ziganistischen und der sogenannten sozial schwachen Bevölkerung aus dem Kiez zu ermöglichen.

Dem ist heute immer noch zu zu stimmen. Schmiedeknecht versucht weiterhin bestimmte Immobilienfirmen, wie zum Beispiel TARSAP und die Domizil Property Managment GmbH (der die Häuser zwischen Columbiadamm und Schillerpromenade gehören), zu fördern und regulierend von ihr unabhängige Investmentfirmen aus dem Kiez rauszuhalten. Dies betonte sie in einem Feature bei Inforadio, wo das QM immer noch als „soziales Projekt“ vorgestellt wurde. Zu betonen ist, daß es Schmiedelnecht keineswegs um eine sozialstabilisierenden Effekt geht, sondern, daß der Prozeß der Aufwertung und Austausch der Bevölkerung behutsam, möglichst still und durch die BSG / QM kontrolliert passieren soll.

Die Ämter und Sicherheitsbehörden dagegen haben, und das hatten wir geahnt aber leider unterschätzt, ein ganz anderes Interesse. Mengelkoch und Co. ging und geht es vor allem um die Vertreibung von „defizitären“ Migrant_innen im Allgemeinen und RRoma Familien im Besonderen. Er hebt bereitwillig gegenüber dem Tagesspiegel hervor, daß es bei der Arbeit der „Taskforce“ um die Mietsituation und Überbelegung der Wohnungen mit RRoma geht. Er lobt ganz besonders die Verdrängung der RRoma-Familien aus der Okerstraße, die nun auch noch aus den neuen „Neuköllner Brennpunkten“ , wie „etwa die Treptower Straße und die Kirchhofstraße“ verschwinden müssen. Das Konzept der „sozialen Konrtolle“, was allerdings Verdrängung Repression und Überwachung meint,  funktioniert vorzüglich. Nur „Taskforce“ soll es nicht mehr heißen. Klingt zu heftig!

Das meinte übrigens auch der Integra e.V., das als einziges offizielles Projekt der Taskforce Okerstraße (TFO) fungieren sollte. Statt sich dem Vernetzung- und Überwachungsauftrag zu beugen, weigerten sich die engagierten Sozialarbeiter_innen zunächst den als zu militärisch empfunden Begriff der „Taskforce“ zu nutzen und erst recht nicht Spitzeldienste für Ämter sowie die Sicherheitsbehörden zu leisten. Damit wendeten sich die einzigen offiziellen TFO-Mitarbeiter_innen offenbar schon früh gegen Schmiedeknechts / Mengelkochs Ansatz die integrative Sozialarbeit durch „soziale Kontrolle“ zu ersetzen. Die (geplanten) Begehungen fanden somit ohne „neue“ Daten statt, was trotzdem, wie Mengelkoch stolz mehrfach betonte, erfolgreich war.

Im November 2009 schrieben wir inbesondere zu der vernetzten Datensammlung zu verdrängender oder zu überwachender Menschen folgendes.

Die eigentliche Brisanz des Netzwerks Task Force Okerstraße mit dem Zentrum „Team Task Force“ ist hierbei aber, was das Strategiekonzept sogar selbst reflektiert, daß sensible Daten in einem Stadtteilbüro einer privaten Firma zusammen laufen, die ein klares Interesse an der Aufwertung des Schillerkiezes hat. Die Diskretion, die für die Arbeit der Jugend- und anderer Ämter besonders wichtig ist, kann so nicht mehr gewährleistet werden. Es muß davon ausgegangen werden, daß die anderen beteiligten behördlichen und privaten „Akteure“ – wie zum Beispiel die Polizeidienststellen und das Jobcenter – Zugang zu den Daten bekommen werden, was den sozialen Druck auf die marginalisierten Migrant_innen, sozialen Randgruppen und Wanderarbeiter_innen weiter verschärft.

Die TFO, also Integra e.V., sollte diese Daten liefern. Die Ämter arbeiteten offenbar auf Druck von Mengelkoch höchstpersönlich und mit tatkräftiger Unterstützung von Schmiedeknecht in die Immobilienbranche hinein schon länger zusammen. An den Daten zur Vermieter_innenstruktur war vor allem das QM und Schmiedeknecht interessiert und wirkte hierzu massiv auf engagierte Menschen im Kiez ein. Mengelkoch vernetzte die Überwachung durch die Ämter. Gemeinsame „Begehungen“ sorgten, wie geplant, für Druck und Unsicherheit im Kiez. Bauliche Maßnahmen gegen die Bewohner_innen wurden vom QM in Auftrag gegeben und durch Mengelkoch gedeckt.

Offenbar war die Vernetzung der Datensammlung nicht erfolgreich genug, so daß der Druck auf Integra e.V. zunehmend erhöht und in quasikonspirativen Sitzungen erhöht wurde. Leider gibt es von diesen Vierer-Tribunalen keine Aufzeichnungen. Doch die Beschreibungen der Mitarbeiter_innen von Integra e.V. klingen mehr als erschreckend und beweisen ein beinah schon soziophatischen Charakter von Mengelkoch, Schmiedeknecht und Konsorten.

Der Erfolg von Integra wurde durch eine selbstherrliche Kündigung, ohne Rücksprache mit den verantwortlichen Akteur_innen (Quartiersbeirat, BVV usw), Hausverbot und Polizeibesuche beantwortet. Der vorgeschobene „Vertrauensverlust“, den Mengelkoch moniert, meint die Verweigerung hochsensibler Daten. In einer Presseerklärung zur Kündigung und Einladung zur Pressekonferenz schreibt Integra e.V. folgendes.

wir wurden mehrfach dererseits aufgefordert über die von uns betreuten Klienten ausführliche Sozialdaten, die unter Datenschutz fallen, zu übermitteln. Eine Weitergabe von Informationen über Klineten würde dem berufsbild eines Sozialarbeiters und dem Leitbild unseres Trägers nicht entsprechen und daher nicht dem pädagogischen Ansatz dienen. Da wir der Aufforderung zur Informationsweitergabe nicht nachgekommen sind und diese konsequent abgelehnt haben, wurde unserem Träger der Projektauftrag gekündigt.

Die Sozialarbeiter_innen vergessen allerdings, daß die Integra e.V. zur Datenbeschafffung geschaffen und der „integrative“ Ansatz nur ein Fake war. Trotzdem ist es lobenswert, daß sie sich nicht kleinkriegen ließen und sich von Beginn an verweigerten. Der Protest und der Widerstand gegen die Überwachung im Kiez dürfte hierzu einiges Impulse gegeben haben. Genauso, wie die Analyse in der ersten Ausgabe der Randnotizen.

Übrigens wollte Mingelkoch / Schmiedeknecht äußerst sensible Daten. Die Sozialarbeiter_innen sollten erzählen, wer, mit wievielen Familienmitglieder_innen in welchem Haus wohnt. Die Anwesenheitszeiten der Jugendlichen bei Integra sollte genau protokolliert werden. Neben der sozialen Struktur sollten die Integra-Mitarbeiter_innen aber auch vermeintliche Clan- und Gangmitgliederschaften auskundschaften. Vorstrafen und kleinkriminelles Handeln sollte ebenfalls abgefragt und weitergegeben werden. Mit diesen Daten wäre ein genaues Profil der sozialen, familiären, intimen und sicherheitsrelevanten Beziehungen möglich. Zeiten und Bewegungen könnten ebenfalls überwacht werden. Die Verweigerung der Zusammenarbeit durch Integra sorgte deshalb für eine umfaßende Isolierung und ein jähes Ende der Aktivitäten der Sozialarbeiter_innen.

Kam am Nachmittag, vor der Pressekonferenz und dem letzten Mitternachtsboxen in der Weise-Schule, noch ein Streifenpolizist vorbei, der von der Ausrichtung der Pressekonferenz nachdrücklich abriet, wurden die Jugendlichen am Abend ganz ausgeschlossen. Kurzfristig wurden die Schlösser der Schule ausgetauscht. Der Quartiersbeirat, interessierte Anwohner_innen, die Sozialarbeiter_innen und vor allem die wütenden Jugendlichen standen in der Kälte. Eine Erklärung von Mengelkoch, als Vertreter der Ämter, oder Schmiedeknecht vom BSG / QM gab es nicht. Übrigens bis heute!

Was genau an dem Abend und danach genau passierte, beschreibt ensa auf Facetten Neukölln in zwei Beiträgen (1, 2). Erkennbar ist, daß für das Verhalten des QM und Mengelkoch kein Verständnis besteht. Die Ignoranz und Selbstherrlichkeit wird kritisiert und hinterläßt bei den engagierten Anwohner_innen offenbar Unverständnis, Unsicherheit, Wut und Abgrenzungreflexe.

Heute zogen die Fraktionen der Linken und der Grünen in der Bezirksverordnetenversammlung von Neukölln nach und formulierten interessante Fragen.

1. Wie kann die kurzfristige Fortführung der interkulturellen Jugend- und Familienbetreuung im Schillerkiez sichergestellt werden, nachdem der Träger Integra e.V. am 20.12.2010 vom Bezirksamt fristlos gekündigt wurde?

2. Aus welchem Grund wurde der Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung in seiner Sitzung am 18.01.2011 nicht über Differenzen bzw. Auseinandersetzungen zwischen dem Bezirksamt und Integra e.V. informiert?

3. Welche konkreten Daten über Personen oder Vorgänge hat das Bezirksamt vom Träger der Maßnahme abgefordert und zu welchem Zweck sollten diese erhoben werden?

4. Wird die Arbeit der sogenannten Task Force Okerstraße einer Evaluation unterzogen und neu ausgerichtet?

Ich bin gespannt, wie Mengelkoch und Co. geantwortet haben. Schmiedeknecht war zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich schon längst wieder in ihrem großzügig eingerichteten Haus in Teltow. Neukölln, der Schillerkiez und die renitenten Anwohner_innen blieben weit weg. Nur steigt der Widerstand gegen die Interventionen von Mengelkoch und der BSG / QM auch von bürgerlicher Seite. Es ist Zeit, daß sich Schmiedeknecht einen neuen Job sucht. Zum Beispiel als Architektin, wobei sie da schon lange raus ist und wahrscheinlich wegen kreativer und sozialer „Defizite“ wahrscheinlich eine Karriere im Sanierungsmanagment suchte – da braucht es keine Innovationsimpulse und Visionen. Oder sie arbeitet als (Zahn-) Artzthelferin. Vielleicht aber auch als Angestellte bei TARSAP. Insiderwissen hat sie ja…

Überwachung, Bespitzelung und vernetzte „soziale Kontrolle“ sind genuine Aufgaben der Sicherheitsdienste und des Verfassungsschutzes. Menschen sind hierbei lediglich Akten, die möglichst ausführlich, fett und aussagekräftig sein müssen. Mit sozialen Realitäten und einer Auseinandersetzung mit der gesellschaftlichen Wirklichkeit im Kiez hat die TFO, auch wenn sie sich neuerdings die Attribute „Vielfalt und Zusammenarbeit“ gibt, wenig zu tun. Mit „Zusammenarbeit“ ist nämlich lediglich die mit den Ämtern und Bespitzelung gemeint. „Vielfalt“ ist ebenfalls nur eine verklausulierte  Aufforderung zur sozialen Aufwertung im Kiez und Verdrängung durch neues Wohnen am Tempelhofer Feld.

So, wie es bisher aussieht, haben Schmiedeknecht, Mengelkoch, die BSG und das QM geschafft, daß sich die Selbstorganisation und die bewußte Auseinandersetzung mit Verdrängungsmechanismen im Kiez verstärken. Das selbstorganisierte, im Gegensatz zum Straßenfest des QM gut besuchte Kiezfest in der Weisestraße, das dieses Jahr wiederholt werden soll, die zahlreichen Stadtteilversammlungen und die zunehmende Vernetzung der sozialen Projekte im Kiez jenseits des QM, beweisen die Isolierung von Schmiedeknecht und ihrer Angestellten, von Mengelkoch gar nicht zu sprechen.

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  1. […] Taskforce Okerstraße spitzelt weiter! Unter anderem Namen! aka analyse-kritik-aktion, 23.2. 2011 […]