Am gestrigen 4. April wurde Juliano Mer-Khamis, der jüdisch–arabische Israeli, Friedensaktivist, Performer und Gründer des Freedom Theatre, im palästinensischen Flüchtlingslager in Jenin von maskierten militanten Islamist_innen erschossen. Nach Angaben von 3sat probte er gerade in Kooperation mit der Hilfsorganisation Medico International Frank Wedekinds Kinder-Tragödie „Frühlings Erwachen“, was insbesondere bei fundamentalistischen Islamist_innen für Protest gesorgt haben soll. Mer-Khamis vereinte in sich sämtliche Wurzeln Palästinas und starb für sie – als Palästinenser, Jude und Israeli.
Seine Mutter Arna Mer war eine jüdische Israelin. Sie kämpfte zuerst für die zionistische Untergrundarmee Palmach. 1948 zog sie mit der Haganah in den Arabisch-Israelischen Krieg. Sie wandelte sich allerdings zur Friedensaktivistin und kämpfte später ohne Waffen für die Rechte der Palästinenser_innen jenseits aller Grenzen kämpfte. Arna Mer eröffnete 1987 in Jenin das Stone Theatre, um mit palästinensischen Kindern zusammenzuarbeiten und ihnen eine Zukunft jenseits von Krieg und Terror zu öffnen. Seine Mutter starb 1994. Im Jahr 2002 wurde ihr Theater-Projekt von der israelischen Armee zerstört.
Sein Vater Saliba Khamis war ein arabischer Christ und einer der Führer der israelischen kommunistischen Partei. Juliano Mer-Khamis selbst wurde in Nazareth geboren, kämpfte in der Israelischen Armee als Fallschirmjäger und sagte über sich selbst, daß er 100 Prozent Palästinenser und 100 Prozent Jude sei. Er lebte seit Jahren im Flüchtlingscamp Jenin. Er hinterläßt eine Frau, die mit Zwillingen schwanger ist.
Im Jahr 2003 drehte er die preisgekrönte Dokumentation „Arna’s Children“ über die Kinder aus Jenin, die bei seiner Mutter Theater gespielt hatten. Ein Jahr später baute er das Theater seiner Mutter wieder auf. 2006 eröffnete er es als „Freedom Theatre“ zusammen mit dem ehemaligen Militanten der Al-Aqsa Märtyrer Brigaden Zakaria Zubeidi und zwei anderen schwedisch-israelischen Aktivist_innen neu und gab den jungen Palästinenser_innen einen Ort sich jenseits religiöser, ethnischer oder sozialer Ausgrenzung künstlerisch zu entfalten sowie politisch ein Zeichen gegen den Haß zu setzen.
Nun wurde er von maskierten über den Haufen geschossen! Der Haß hat ihn doch eingeholt. Und wieder bleibt das Theater als Symbol stehen. Es scheint sowohl für israelische als auch für palästinenische Fanatiker_innen eine Provokation zu sein…